Direkt zum Hauptbereich

Versagen die Lebens- und Rentenversicherungen für die Ausfinanzierung des Ruhestandes?

Der deutsche Sparer mag die Sicherheit. Zu deren Gunsten verzichtet er auch auf höhere Renditen. Lange Zeit profitierten Lebensversicherungen von dieser Vorliebe. Ob sie angesichts der jüngsten Entwicklung allerdings noch als Geldanlage für den Ruhestand sinnvoll erscheinen, ist zu überprüfen.

Dass unsere Landsleute an sich gern auf Nummer sicher gehen, macht sich vor allem am Thema Finanzen bemerkbar. Der deutsche Sparer nimmt niedrige Zinsen in Kauf, solange nur die Sicherheit seiner Einlagen gewährleistet ist. Risiken, wie sie etwa ein Engagement in Aktien mitbringt, mag der Deutsche dagegen nicht so gern, trotz der Chancen auf höhere Erträge. Das sieht man allein daran, dass die Quote der deutschen Aktionäre auf einem niedrigen Niveau liegt: Ende 2012 war nur knapp jeder achte Deutsche direkt oder indirekt, etwa über einen Fonds, in Aktien investiert. Und das obwohl etwa der deutsche Aktienindex DAX im vergangenen Jahr um 30 Prozent an Wert zugelegt hatte.

Lebens- und Rentenversicherungen passen da schon eher ins Beuteschema des deutschen Sparers. Dabei sind sie als Geldanlage, die einen Vermögensaufbau für die Altersvorsorge leisten soll, aktuell noch stärker zu hinterfragen als zuvor. So sind mit dem niedrigen Zinsniveau die Erträge aus solchen Versicherungen kleiner geworden. Sie gleichen derzeit oft nicht einmal die Inflation aus. Zudem verschlechtert sich das Umfeld weiter: Nachdem bereits zum 1. Januar 2012 den Garantiezins von 2,25 der Garantiezins auf das aktuelle Niveau von 1,75 Prozent gesenkt worden war, kündigte jüngst die Düsseldorfer Ergo als erster deutscher Versicherer sogar an, neue Lebensversicherungen ohne Garantiezins anzubieten. Mit Garantiezins wird der Zinssatz bezeichnet, mit dem der Sparanteil von Lebens- und Rentenversicherungen mindestens verzinst wird.

Die Initiative von Ergo dürfte nicht die einzige in diese Richtung bleiben. Die großen Versicherungskonzerne realisieren, dass es in Zeiten niedriger Zinsen schwierig ist, sinnvolle Renditen am Kapitalmarkt zu erwirtschaften. Schon länger stellen Experten fest, dass viele der Versicherer sich daher verstärkt auf das ursprüngliche Geschäft mit der klassischen Absicherung von Risiken konzentrieren.

Grundsätzlich sind Lebensversicherungen nicht pauschal zu verteufeln. So können sie durchaus sinnvoll sein, wenn sie etwa nach britischem Modell konstruiert sind – wohin ja auch die Ergo und andere deutsche Versicherer jetzt steuern. Dann sind sie flexibler, sie erlauben etwa einen höheren Aktienanteil. Das erhöht zwar das Risiko, aber gleichzeitig auch die Chancen auf wesentlich bessere Renditen. In diesem Zusammenhang wird zwar oft der Anlagehorizont ins Spiel gebracht: Wer nur noch wenige Jahre bis zum Ruhestand hat, sollte keine Aktien mehr haben, da er in dem kurzen Zeitraum die Schwankungen des Aktienmarktes nicht mehr aussitzen könnte. Dabei wird eines vergessen: Wer in den Ruhestand geht, scheidet nur aus dem Arbeits-, nicht aber aus dem richtigen Leben aus. Es wäre schade, wenn jemand aus diesem Irrglauben heraus im Alter die Chancen des Aktienmarktes wissentlich verpasst.

In jedem Fall ist es vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung zu empfehlen, sich einmal seine laufenden Lebensversicherungsverträge genauer anzuschauen und die Frage zu stellen, inwieweit das jeweilige Produkt noch Sinn macht. Dabei sollte ein professioneller Ruhestandsplaner zu Rate gezogen werden, der einen Check im Sinne der für Sie sinnvollsten Strategie zum Vermögensaufbau durchführt.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

EU-Vermögensregister: Wie ist der aktuelle Stand 2024? Teil 1: AMLA

Die Aufregung war erwartungsgemäß groß nach der Ankündigung der Europäischen Union, ein zentrales, umfassendes Vermögensregister einzuführen - beziehungsweise zumindest die Einführung zu überlegen. Teil 1: Die neue Behörde AMLA Erstmals wurde ein solches Register 2021 vorgeschlagen. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie der Europäischen Kommission wurde die Idee geboren, ein solches europaweites Register zu erstellen, um Transparenz zu schaffen und den Behörden bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität zu helfen. Nebst den Daten aus Quellen wie Handelsregistern, Grundbüchern und Stiftungsinformationen sollen auch Informationen über Luxusgüter wie Kunstwerke, Oldtimer und Yachten geführt werden. An diesen Vorgaben hat sich seit 2021 nichts geändert - doch wie ist der aktuelle Stand zum Jahresbeginn 2024? Bild: KI Auch im Jahr 2024 liegt der Fokus der EU - und auch von Deutschland - stark auf Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Laut Bundesministerium der Finanzen hat die ...

Auf-, ab- oder seitwärts? So könnte sich der Silberkurs 2024 entwickeln

In den letzten sechs Monaten, sprich von Juli 2023 bis Dezember 2023, hat sich der Silberpreis in einem beständigen Bereich zwischen 22 und 26 US-Dollar bewegt, was einige Marktbeobachter als Anzeichen für eine ähnliche Entwicklung in den nächsten Jahren interpretieren. Ein Blick auf die letzten Jahre zeigt, dass sich seit der Entspannung der Corona-Krise Q3 2022 nicht viel getan hat. Aktuell stagniert die Wirtschaft, sowohl in Deutschland als auch weltweit. Grafik: Gold.de Wenn sich positive und negative Nachrichten die Waage halten, könnte sich der Preis weiterhin seitwärts bewegen. Derzeit deuten Angebot und Nachfrage auf ein Potenzial für höhere Preise hin, aber ein relativ hoher Leitzins lenkt Investoren möglicherweise zu anderen, lukrativeren Anlageoptionen. Sobald sich die Wirtschaft erholt, wird vermehrt Silber von der Industrie nachgefragt, was ein wichtiger Aspekt für die Kursentwicklung darstellt. Anleger sollten für sich selbst entscheiden, ob sich ein Investment aus ku...

Historischer Verlust der Deutschen Bundesbank gibt zu Denken

Bild: KI Im Jahr 2023 verzeichnet die Bundesbank einen historischen Verlust von 21,6 Milliarden Euro, bedingt durch die lockere Geldpolitik der Vergangenheit und den schnellen Anstieg der Leitzinsen. Diese finanziellen Einbußen führen dazu, dass die Bundesbank in den kommenden Jahren keine Gewinne an den Bundesfinanzminister ausschütten wird, was den Steuerzahler teuer zu stehen kommt. Die Verluste sind das Ergebnis eines billionenschweren Anleihekaufprogramms, das die Bundesbank und andere Notenbanken der Eurozone unter der Führung des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi durchgeführt haben. Diese Politik hat den Geschäftsbanken erhebliche Überschussreserven und damit verbundene Gewinne beschert, während die Notenbanken nun die finanziellen Konsequenzen tragen. Um die Verluste zu decken, musste die Bundesbank ihre Rücklagen nahezu vollständig auflösen, obwohl sie auf erhebliche Bewertungsreserven, insbesondere in ihren Goldbeständen, hinweist. Experten betonen, dass Zentralbanken a...